JöH Offener Brief – Moria

Sehr geehrte Bundesregierung, Sehr geehrter Bundeskanzler Sebastian Kurz!

Mit Schrecken verfolgen wir, Mitglieder der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen gemeinsam mit weiteren jüdischer Organisationen, seit Dienstag Nacht die grauenvolle Situation des Flüchtlingslagers Moria auf der Insel Lesbos. Seit Monaten hatten humanitäre Hilfsorganisationen die prekären und inhumanen Bedingungen des Lagers kritisiert, die dieses noch anfälliger für eine rasche Ausbreitung des Covid-19 Virus machten. Erst kürzlich kam es zum Ausbruch des Virus und einem damit einhergehenden Lockdown des Lagers. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch begannen weite Teile des Lagers zu brennen. Zehntausende Menschen, darunter viele Kinder, Alte und Kranke mussten sich vor den Flammen retten und haben jetzt das Wenige, das sie davor zum Leben hatten, komplett verloren. Diese Menschen sind nun mehr denn je auf internationale Solidarität und Rettung angewiesen.

Die menschenverachtende Grenzpolitik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten verhindert seit Jahren die adäquate Hilfeleistung für Bedürftige, Vertriebene und Menschen in Notsituationen. Die Beendigung des Grauen im Flüchtlingslager Moria muss über dem politischen Kalkül stehen. Der Notstand von Menschen und das Leben Anderer dürfen keiner politischen Agenda oder Wahlkampf Zielen zum Opfer fallen.

Als Mitglieder der jüdischen Gemeinde Wiens fordern wir die Rettung und Beherbergung der Menschen aus Moria. Als Jüdinnen und Juden haben wir alle Familienmitglieder, die während der Shoah darauf angewiesen waren, dass andere Länder, Gemeinden und einzelne Personen sie aufnahmen und somit ihr Leben retteten. Durch diese – leider viel zu seltenen – mutigen und unerschrockenen Taten wurde die weitergehende Existenz des jüdischen Lebens gewährleistet. Jetzt sind wir an der Reihe anderen Menschen einen sicheren Zufluchtsort zu bieten.

Wir appellieren an die Österreichische Regierung und Bundeskanzler Sebastian Kurz das Flüchtlingslager Moria schnellstmöglich zu evakuieren, schutzsuchende Menschen aufzunehmen und die mörderische Grenzpolitik abzuschaffen. Wir können nicht wegschauen und das Elend hinter dem Zaun ignorieren, denn es ist höchste Zeit, solidarisch zu handeln und Menschenleben durch offene Grenzen zu retten.

Wir lassen niemanden zurück!

Jüdische österreichische HochschülerInnen – Schalom Aleikum – Hashomer Hatzair – BBYO